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Bundestag beschließt Gesetzentwurf zur Beschleunigung bedeutsamer Infrastrukturvorhaben

Am 10. Februar 2023 verabschiedete der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich“ (BT-Drs. 20/5570). Dabei finden sich einige neue Änderungen in der VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung):

Modifikation des einstweiligen Rechtsschutzes

Durch die neue Regelung des § 80c Abs. 2 VwGO dürfen Gerichte Mängel an angegriffenen Verwaltungsakten unberücksichtigt lassen, wenn offensichtlich ist, dass diese in absehbarer Zeit behoben werden.

Begleitet wird diese Modifizierung durch eine ergänzende Kostenregelung im neuen § 154 Abs. 5 VwGO. Demnach fallen die Gerichtskosten auch dann bei der obsiegenden Partei an, wenn der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Abs. 2 VwGO unterliegt.

Verschärfung der Präklusion

Die Präklusionsvorschrift des § 87b VwGO wird durch einen neuen Absatz 4 verschärft. Verspätete vorgebrachte Erklärungen und Beweismittel werden unabhängig davon zurückgewiesen, ob es dadurch zu einer Verzögerung des Verfahrens kommt oder nicht. Dies steht nach § 87b Abs. 4 VwGO auch nicht mehr im Ermessen der Gerichte, sondern ist zwingend. Die Neuregelung soll zu einer Begrenzung des Prozessstoffes führen und die Gerichte entlasten.

Beschleunigungsgebot

In § 87c Abs. 1 VwGO wird ein Beschleunigungsgebot für infrastrukturell wichtige Vorhaben wie beispielsweise Windenergieanlagen, Eisenbahnnetze oder Bundeswasserstraßen nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 VwGO eingeführt. Das Beschleunigungsgebot verpflichtet die Gerichte Verfahrensverzögerungen zu vermeiden.
Besonders zu priorisieren sind dabei Vorhaben, die im überragenden öffentlichen Interesse stehen. Eine solche Wertung findet sich z.B. bei klimafreundlichen Infrastrukturvorhaben gemäß § 2 EEG und in § 3 LNG-Gesetz.

Früher erster Termin

Nach § 87c Abs. 2 VwGO soll ein früher erster Termin anberaumt werden, um die Möglichkeit einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits zu erörtern. Der ursprüngliche Entwurf hatte einen Termin innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Klageerwiderung vorgesehen. Im Gesetzestext, der vom Bundestag verabschiedet wurde, ist keine feste zeitliche Frist mehr angegeben. Stattdessen soll es „in geeigneten Fällen“ zu einem frühen ersten Termin kommen.

Gerichte in kleineren Besetzungen

Mit dem neuen § 9 Abs. 4 VwGO können die Oberverwaltungsgerichte in der Besetzung mit einem Einzelrichter und das Bundesverwaltungsgericht mit dem neuen § 10 Abs. 4 VwGO mit drei statt mit fünf Richtern entscheiden, wenn diese erstinstanzlich zuständig sind. Diese Verfahren dürfen allerdings keine besondere Schwierigkeit in tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen und keine grundsätzliche Bedeutung haben.

Jakob Hoffmann